Kolumne von Johannes Jenny
Die Gesundheit ist das elementare Gut auf dem unser Funktionieren und damit unser Wohlstand basiert. Kaum jemand will aufgeben und sterben, bevor Krankheit und Schmerz ihm/ihr das Leben abgewöhnt haben. Nicht nur der einstmals gefürchtete Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, hatte Mühe mit der Vorstellung, von einem bestimmten Augenblick an, nicht mehr da zu sein. Die Frage der «Nichtexistenz» ist seit seinem Tod vor sieben Jahren nicht mehr sein Problem, nur noch unseres. Der Tod bleibt weiterhin Teil des Lebens und neues Leben ist auf den Tod alten Lebens angewiesen.
Nicht, dass ich etwas gegen diese sicher vergleichsweise kostengünstige Massnahme hätte, aber ist es nicht symbolhaft, wenn wir uns ab sofort im ö.V. den Mund verbinden lassen? Ich schreibe zwischen zwei Sitzungen, gerade noch legal – «oben ohne» – im Zug. Wie weit darf die Panik davor, dass unsere Restlaufzeit etwas kürzer ausfallen könnte, als es der Stand der Medizin vor der Pandemie es erlaubte, unser Leben bestimmen? Ist es richtig, dass wir zur Erreichung der maximalen Restlaufzeit der aktuell älteren – also meiner – Generation Milliarden einsetzen, während sich die Wälder, die Grundlage zukünftigen Lebens auf dieser Erde z.B. in Brasilien und Argentinien in Rauch auflösen? Als Naturschützer nehme ich natürlich gewohnheitsmässig immer gerne die Froschperspektive ein. Doch nicht einmal die Frösche freuen sich, wenn die Mittel, welche für sie gedacht waren zu Gunsten der Erhaltung meiner Gesundheit gestrichen werden. Zudem bin ich Vater.
Ich liebe die Kinder über alles und finde als Biologe das Experiment Mensch etwas vom Spannendsten dieser Welt. Die Kinder sind nun flügge und trotzdem fühle ich mich für ihr Leben bis zu meinem Ableben verantwortlich. Trifft mich der Schlag, der Rinderwahnsinn oder sonst eine tödliche Unbill, wird es mir zweifellos so sehr stinken, wie allen andern. Aber über die Froschperspektive meiner eigenen Existenz hinausgedacht, ist mir die Erhaltung der Wälder als CO2 Speicher und Zukunft unserer Kinder wichtiger. Die Erhaltung der Erde, des «Grossen Hauses», wie sie die Indigenen im Norden Argentiniens nennen, kostet sehr viele Milliarden weniger als die Corona Krise und würde unendlich viel mehr Menschen retten, vielleicht meine Kinder und Enkel, ganz sicher aber jene Menschen im Wald, die es bereits heute schaffen, in der Natur zu leben ohne sie zu zerstören…
ZUR PERSON: Dr. sc. nat. Johannes Jenny ist Biologe, noch bis Ende August Geschäftsführer von Pro Natura Aargau und seit Jahrzehnten im Einsatz für die Natur und die Bevölkerung im Aargau und in Argentinien.