Ja zur direkten Demokratie – Ja zur Kompass-Initiative

    Kürzlich fand ein Informationsanlass über die Kompass-Initiative von Kompass / Europa im Restaurant Zunfthaus zur Webern in Bern statt. Ich durfte als Vertretung der jungen Generation darlegen, wieso ich diese Initiative unterstütze.

    (Bild: zVg) Stephanie Gartenmann setzt sich für die direkte Demokratie und die Kompass-Initiative ein. Hier mit Kurt Aeschbacher.

    «An dem Tag, an dem wir nicht mehr an die Demokratie glauben, werden wir sie verlieren.» Was klingt wie ein Zitat einer verantwortungsbewussten Politikerin, ist in Tat und Wahrheit ein Zitat aus der Hollywood-Science-Fiction-Saga Star Wars. Das Zitat stammt von der Königin Jamillia, die über das freie Volk der Naboo regiert, und viele Rebellen aufnimmt, die sich gegen ein freiheitsfeindliches Imperium wehren. Wie in vielen Romanen geht es in Star Wars um die Freiheit. Ein mächtiger Imperator will das Universum unterwerfen, die Kontrolle über die Rohstoffe und den Handel erlangen, er will eine Art intergalaktischen Binnenmarkt schaffen, und der Imperator, der gerne eine rote Robe trägt, sagt als Grund: «Um weiterhin allgemeine Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten, wird die Republik umgestaltet werden. Und zwar zum Ersten Galaktischen Imperium!» Freiheitskämpfer unter der Führung der sogenannten Jedi-Ritter, welche für das Gute kämpfen, stemmen sich gegen das Imperium. Die roten Roben treffen wir auch in Luxembourg an, am Gerichtshof der Europäischen Union. Ich will den Vergleich nicht überstrapazieren. Aber ist es nicht so, was über die Leinwand flimmert, hat einen tieferliegenden Kern und wird oft zur Realität.

    Nicht alles ist schlecht an der EU
    Die Europäische Union punktet durchaus mit grossen Errungenschaften. Nach dem zerstörerischen Zweiten Weltkrieg hat sie – nicht zuletzt unter dem Schutzschirm der von den USA aufgebauten NATO – zu Wohlstand, Stabilität und Frieden beigetragen. Das sollten wir nicht zwangshaft verleugnen. Die Schaffung des EU-Binnenmarktes kann auch als EU-Erfolg bezeichnet werden. Auch das will ich nicht zwangshaft wegdiskutieren.

    Der demokratische Bench­markt liegt in der Schweiz
    Ich habe das grosse Glück, in der Schweiz leben zu dürfen. Ein im Vergleich doch eher kleineres Land. Über Jahrhunderte entwickelte es sich zwischen Kaiser- und Königreichen, Fürstentümern und Kirchenstaaten zu einem einmaligen Staatswesen. Ihre Verfassung von 1848 und die folgenden Verfassungsrevisionen gefielen den Mächtigen, den Eliten, den Monarchen und Zentralisten in Europa durchaus nicht. Die Schweiz setzte sich mit Tiefs, aber auch Hochs durch.

    Die Schweiz ärgert die Grossen
    Der ehemalige Präsident der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte 2010 in einem Zeit-Interview: «Es bleibt nämlich ein geostrategisches Unding, dass wir diesen weissen Fleck – er meinte die Schweiz – auf der europäischen Landkarte haben.» Eigenständig, erfolgreich, stabil, starke Währung und direkt-demokratisch organisiert, passen wir nicht in die EU-Rahmenbedingungen. Es ist das Wesen der EU, dass ihre Mitglieder Souveränität an die zentrale Machtbehörde in Brüssel abgeben.

    Die EU-Verantwortlichen spielen mit der Zukunft des Kontinents
    Die Gründerväter der EU hatten die Vision eines geeinten Europas. Ihre Nachfolger versuchen sich auch an dieser Vision. Wie so oft, können Visionäre auf den Holzweg geraten. Der EU-Binnenmarkt dient der EU-Administration, das vereinte Europa zu formen. Immer mehr Bereiche in der Wirtschafts-, Handels-, Währungs-, Sozial- und Steuerpolitik werden zu Binnenmarktrecht erklärt. Wie eine grosse Konsumentenschutzorganisation will die EU-Kommission die Menschen mit günstigen Gütern locken, mit immer enger werdenden Schutzmassnahmen in Watte einpacken und ein grosses Glücklichsein ermöglichen. Denken wir an den Green-Deal. Mit Hunderten von Gesetzen sollen die Menschen vor dem Klimawandel geschützt werden. Derweil türmen sich die Schulden, die Energie wird teurer, Jobs- und Innovationen gehen verloren – denken wir an die europäische Autoindustrie.
    Zwar erkennen eingefleischte EU-Ideologen wie Marion Draghi, ehemaliger Präsident der Europäischen Zentralbank EZB, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU alarmierend sinkt und dass die Regulierungsdichte zu hoch ist. Aber was ist sein Rezept? Noch mehr Zentralismus, noch mehr konzentrierte Macht in Brüssel, ja er will sogar das Veto-Recht der EU-Mitgliedsstaaten abschaffen, und er will Hunderte von Millionen Euro in die Wirtschaft pumpen, indem die EU gemeinsame Schulden macht. Fazit: Die Eigenständigkeit der Staaten soll verschwinden.

    Die roten Roben
    Zu den roten Roben! In Luxembourg, in goldenen Türmen, tagen die EU-Richter, des EuGH, des Gerichtshofs der EU. Ein sehr mächtiges Organ. Im Vertrag über die Europäische Union, der eigentlichen Verfassung der EU, steht in Artikel 19: «Der Gerichtshof der Europäischen Union umfasst den Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte. Er sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge der EU.»
    Auf dem Internetauftritt des EuGH lesen wir: «Der Gerichtshof der Europäischen Union wacht, dass die Mitgliedstaaten den Verpflichtungen nachkommen, die sich aus den Verträgen ergeben.»
    Der EuGH ist der eigentliche Motor des Einigungsprozesses. Er setzt das EU-Recht durch. Also auch das EU-Binnenmarktrecht. Der EuGH ist der Schiedsrichter des EU-Binnenmarktes. Da wir aus souveränitätspolitischen Gründen nicht Mitglied dieses Marktes sein wollen, kann der EuGH auch nicht unser Schiedsrichter sein.
    Die Schweiz soll jetzt endlich in die Institutionen der EU eingebettet werden. Für etwas mehr Zutritt zum EU-Binnenmarkt, sollen wir heutiges und aktuelles Binnenmarktrecht übernehmen – dynamisch. Das heisst, wir erhalten die «Gnade», eine Referendumsabstimmung über neues EU-Recht durchzuführen. Wenn wir nein sagen, dann geht’s los. Ein Streitbeilegungsmechanismus kommt zum Zug. Ein paritätisch zusammengesetztes Schiedsgericht ist für uns noch akzeptabel, es steht durchaus in der schweizerischen Tradition der Konfliktlösung. Aber dass bei schwerwiegenden Fragen zwingend der EuGH angerufen werden muss und dieser abschliessend und bindend entscheidet, das ist ein No-Go für uns. Befürworter dieser Lösung sagen, es werde nur wenig Streitfragen geben, bei welchen der EuGH angerufen werden müsse. Das ist Blödsinn. Es geht nicht um Quantität, sondern um Qualität, das heisst um grundsätzliche Fragen des EU-Rechts, welche für unsere Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit spürbare Folgen hätte. Ist die EU-Personenfreizügigkeit geschaffen worden, um Arbeitskräfte zu holen? Oder ist sie da, um alle EU-Bürger im gesamten EU-Binnenmarkt gleichzustellen, auch vor den Sozialversicherungen usw.? Gehört dazu die Unionsbürgerrichtlinie der EU? Würde der EuGH diese in der Schweiz durchsetzen?
    Wir wollen keinen Richterstaat. Die politische Kompromissbereitschaft soll das Recht stützen, ergänzen, festigen. Das ist auch der Grund, warum unsere direkte Demokratie kein Verfassungsgericht, aber auch keinen EU-Gerichtshof braucht.

    Direkte Demokratie als Gnade?
    Zur dynamischen Rechtsübernahme – einen bitteren Vorgeschmack haben wir bereits erlebt: Erweiterung der Personenfreizügigkeit (Abstimmungen 2005 und 2009), die Nicht-Umsetzung der Volksinitiative «Gegen Masseinwanderung» durch das Parlament und die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie (2019). Jedes Mal hiess es in den Abstimmungskampagnen: «Vogel friss oder stirb.» Wenn wir nicht Ja sagen, dann droht Ungemach aus Brüssel.
    Andreas Glaser von der Universität Zürich, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht unter besonderer Berücksichtigung von Demokratiefragen stellt fest: «Das Referendum bliebe vorbehalten, das Volk könnte Nein sagen. Ein völlig freier Entscheid wäre aber kaum möglich, denn bei einem Nein würden Sanktionen drohen – welche, das wüsste man im Vorneherein nicht. Damit würde sich natürlich der Abstimmungskampf ändern, der Druck auf die Stimmberechtigten dürfte zunehmen, und das Hauptargument wäre, dass sich die Schweiz bei einem Nein auf Probleme mit der EU einstellen muss.»

    Wir müssen eigenständig das Beste umsetzen
    Ich bin überzeugt, dass das neue EU-Abkommen unsere Stärken, die direkte Demokratie, die Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand beschädigen werden. Die Entwicklungen zum Beispiel in Deutschland, Frankreich, Österreich zeigen, dass es für die Menschen wirtschaftlich eng wird.
    Uns Jungen nimmt das geplante EU-Abkommen, welches fälschlicherweise «Bilaterale 3» genannt wird, die Perspektive, das heisst, die Möglichkeit und die Handlungsfreiheit unseren Alltag, unseren Lebensraum, unser Schaffen, unsere Kreativität, unsere Weltoffenheit zu gestalten.
    Wir Jungen haben den Anspruch, möglichst in Freiheit leben zu dürfen. Günstige Handy­abos und Petflaschen mit Leinenzwang für Verschlussdeckel genügen nicht. Wir haben auch den Anspruch, Partner auf Augenhöhe zu sein, mit der EU, mit Europa, mit der Welt. Wir wollen den Austausch mit dem EU-Binnenmarkt, aber nicht zu jedem Preis.
    Die Schweiz ist gerade wegen ihrer EU-Distanz so erfolgreich und braucht keinen Unterwerfungsvertrag. Wenn wir unsere direkte Demokratie nicht verlieren wollen, ist es wichtig, dass sie sich jetzt für die Kompass-Initiative engagieren. Sie ist der Weg, damit wir alle entscheiden können, wohin der Weg führt. Für mich sind die drei Herren von Kompass-Europa, die Initianten der Kompass-Initiative, echte Jedi-Ritter, die sich mutig gegen das Imperium stellen. Und deshalb möchte ich voller Überzeugung auch ein Jedi-Ritter für unsere direkte Demokratie und unsere Schweiz werden. Für meine Generation und unsere Zukunft. In diesem Sinne möchte ich mit den Worten von Obi-Wan Kenobi, dem Lehrlingsausbildner der Jedi-Ritter, abschliessen, die er zu seinem Schüler Anakin Skywalker sagte: «Meine Loyalität gilt der Demokratie!»

    Unterstützen wir die Kompass-Initiative und schliessen die Unterschriftensammlung bald erfolgreich ab.

    Stephanie Gartenmann

    Weitere Informationen zur Kompass-Initiative:
    www.kompasseuropa.ch

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