Politiker, Philosoph und Bestsellerautor feiert Geburtstag!

    Am 22. März hätte Heinrich Zschokke seinen 250. Geburtstag gefeiert. Er spielte einst eine bahnbrechende Rolle unter anderem in Aarau und schuf die staatspolitischen Grundlagen zur modernen Schweiz. Vieles, was heute die Schweiz ausmacht, wurde damals geschaffen. Die Heinrich- Zschokke-Gesellschaft begeht das Jubiläumsjahr mit diversen Anlässen. Am 2. Juli 2021, dem Aarauer Maienzug light, wird die Statue des Staatsmannes im Kasinopark feierlich geschmückt sein.

    (Bild: zVg) Hopfe und Malz – au im Herr Zschokke gefällt’s!

    Am 22. März 2021 wurde Johann Heinrich Daniel Zschokke 250 Jahre alt. Sein Wirken war bedeutend für die Schweiz und besonders für den Kanton Aargau. Doch die wenigsten Aargauerinnen und Aargauer wissen, wer der Mann ist, dessen Statue im Aarauer Kasinopark steht. Auf der Inschrift empfängt er als «Schriftsteller, Staatsmann und Volksfreund». Das damalige Aarauer Zschokke-Denkmal-Komitee weihte nach zwölfjährigen Bemühungen die Bronzefigur des Graveurs und Bildhauers Alfred Lanz mit dem Sockel aus Vogesen-Granit am Jugendfest 1894 feierlich ein.

    Aargau als Wahlheimat
    Zschokkes Biographie ist breitgefächert und äusserst lebendig: Er wurde am 22. März 1771 in Magdeburg geboren, wo sein Vater als Tuchmacher arbeitete. 1776 siedelte er sich in der Schweiz an und wirkte als Lehrer und Direktor am Seminar Reichenau in Graubünden. Der Mitgründer und Redaktor der Zeitung «Der Schweizerbote» spielte eine wichtige Rolle. Er bewies immer wieder staatsmännisches Format in politischen Krisen – in Nidwalden, wo die Leute mit den Österreichern liebäugelten, oder in Basel konnte er heisse Situationen entschärfen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er in Aarau – das vom März bis September 1798 während der Helvetischen Republik die Hauptstadt der Schweiz war – hängen blieb. Dass der Aargau zur Wahlheimat des Bestsellerautors wurde, hatte auch private Gründe. 1805 heiratete Heinrich Zschokke die Pfarrerstochter Nanny Nüsperli aus Küttigen. Die kinderreiche Familie bezog 1818 die von Zschokke entworfene Villa Blumenhalde in Aarau. Das klassizistische Wohnhaus ist heute Sitz des Zentrums für Demokratie Aarau. Dort starb er auch am 27. Juni 1848. Vielfältig war sein Schaffen in der Schweiz und besonders im Kanton Aargau: So war er 1833 Aargauischer Gesandter an der eidgenössischen Tagsatzung in Zürich oder 1835 Berichterstatter des Grossen Rates für das aargauische Schulgesetz. 35 Bände umfasst die erste Ausgabe von Zschokkes «Gesammelten Schriften». Über 5800 Privatbriefe von ihm wurden bisher gefunden, die Hälfte davon transkribiert.

    Zschokke der Bevölkerung näherbringen
    Die Heinrich-Zschokke-Gesellschaft, die 2000 gegründet wurde, hat sich zur Aufgabe gemacht, dass der liberale Denker in der heutigen Gesellschaft nicht vergessen geht. Vorstandsmitglied und ehemalige Landenhof-Lehrerin Marianne Blattner ist fasziniert von dem Magdeburger, der sich in der Helvetischen Regierung wie auch im neu gegründeten Kanton Aargau in mehreren Ämtern verdient machte: «Als 65-jähriger gründete er mit der Kulturgesellschaft 1836 die erste Taubstummenanstalt im Aargau, welche heute im Zentrum und der Schweizerischen Schule für Schwerhörige auf dem Landenhof weiterlebt; 1812 kam es auch zur Gründung der Aargauischen Ersparniskasse und den Arbeitsschulen für Mädchen.»

    Der nächste Programmpunkt der Aktivitäten im Zschokke Jubiläumsjahr ist das Schmücken des Zschokke-Denkmals im Kasinopark durch Manuela Perrone von Blumen Racheter. Wie schon letztes Jahr werden die Brunnen in der ganzen Stadt von den Aarauer Blumenfrauen kreativ geschmückt. Dem liberalen Denker wurde eigens ein Stadtwächter-Bier kreiert. Marianne Blattner erfreut sich des Jeremias Gotthelf-Textes in «Jakob des Handwerkgesellen Wanderungen durch die Schweiz» (1846) «…Nun, er wollte den Mann sehen, der so viel Gutes so fasslich zu sagen wusste, dass.das Lesen seiner Schriften akkurat war, wie das Biertrinken…» Den ganzen Text findet man auf der Etikette des Biers. Brisantes Detail: Der beigefügte QR-Code führt einem zum traditionellen Aarauerlied der Schuljugend, welches in Vor-Corona-Zeiten jeweils an der Morgenfeier im Telliring gesungen wird. Emanuel Steffen hat mit Röhrenglocken-Samples die Carillonklänge vom Obertorturm nachempfunden, der Werbemacher Rickenbacher hat Zschokke noch ein Bier in die Hand gedrückt und ihm seine Stimme geliehen.

    Corinne Remund

    Die Heinrich Zschokke-Gesellschaft sorgt noch bis Ende Jahr für ein abwechslungsreiches Programm mit zahlreichen Anlässen und Projekten.
    www.heinrichzschokke.ch


    Zschokke-Nachlass

    Der Nachlass von Heinrich Zschokke bildet den Grundstein des Familiennachlasses Zschokke im Staatsarchiv Aargau. Er enthält Tagebücher, Reisenotizen, Werkentwürfe, politische Akten sowie eine umfangreiche Briefsammlung und wird durch Ankäufe und Schenkungen laufend ergänzt. Mit dem Firmenarchiv des Verlagshauses Sauerländer und den Akten der Kulturgesellschaft Aarau besitzt das Staatsarchiv Aargau weitere wichtige Dokumente zum Wirken Heinrich Zschokkes. Dessen «Schweizerbibliothek» sowie die Bücher des «Zschokke-Stübchens» befinden sich in der Zschokke-Sammlung der Kantonsbibliothek. Weitere Dokumente sowie Objekte aus Nachlässen der Zschokke-Familie sind im Besitz des Stadtmuseums Schlössli Aarau. www.stadtmuseum.ch

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