Kolumne
Staatliche und staatsnahe Betriebe dringen immer häufiger in private Märkte ein. Damit konkurrenzieren sie Unternehmen – mit ungleich langen Spiessen. Die Politik muss hier für Transparenz und klare Regeln sorgen. Im Kanton Aargau wurde deshalb eine überparteiliche Motion eingereicht.
Die Post bietet Krankenversicherungen an und verkauft Bleistifte. Die Swisscom entwirft Luxuskleider. Die AEG Energie AG vermietet Elektroautos im Carsharing-Bereich. Stadtwerke schrauben Glühbirnen ein. Und Stadtgärtnereien pflanzen in ihrem Garten Blumen. Das sind nur ein paar Beispiele, wie und wo staatliche und staatsnahe Betriebe in private Märkte eindringen.
Vielen Bürgern und Konsumenten fällt das vielleicht gar nicht gross auf. Manche finden es sogar praktisch, wenn man in der Postfiliale auch gleich noch shoppen kann. Dabei sind sie sich allerdings der Risiken und Nebenwirkungen dieser grenzwertigen Geschäftstätigkeiten nicht bewusst.
Wettbewerbsvorteil – auf Kosten der Steuerzahler
Aus staats- und wettbewerbsrechtlicher Sicht ist die Expansion in private Märkte jedoch oft problematisch. Denn die staatlichen/staatsnahen Betriebe nutzen vielfach einen Wettbewerbsvorteil. Ein Grossbetrieb wie die Post hat nicht nur schier unbegrenzte finanzielle Mittel, die es ihm erlauben, private Konkurrenten aufzukaufen, sondern er hat auch die Steuerzahler im Rücken. Das unternehmerische Risiko tragen nicht die Manager, sondern letztlich Sie und ich.
Das führt zu ungleich langen Spiessen im Vergleich mit den Unternehmen der Privatwirtschaft. Staatsbetrieben ist es zwar nicht verboten, Geschäfte zu treiben. Sie sollten sich dabei aber an klare gesetzliche Aufträge halten und nicht ungehemmt in den Märkten herumwildern.
Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unter dem Titel «Der Staat als Teilnehmer am Wettbewerb» zeigt auf, dass diesbezüglich in der Schweiz grössere Lücken in der Gesetzgebung bestehen, um den Wettbewerb vor Wettbewerbsverzerrungen durch staatsnahe oder staatliche Unternehmen zu schützen. Die Studie betont, dass klare gesetzliche Rahmenbedingungen für den Markteintritt des Staates eine notwendige Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit einer innovativen und attraktiven Volkswirtschaft darstellen. Besonders wichtig ist eine deutliche Abgrenzung zwischen den gesetzlich privilegierten Tätigkeiten und der Teilnahme am allgemeinen Wettbewerb durch einen Zweckartikel, um sicherzustellen, dass staatliche Unternehmen ihre Aufgaben nur im Rahmen eben dieser festgelegten Zwecke erfüllen.
Transparenz über Geldflüsse
Hinzu kommt: Wettbewerbsverzerrungen bleiben oft unerkannt, da es an notwendigen Informationen fehlt. Transparenzvorschriften, welche beispielsweise Kennzahlen, Geldflüsse und indirekte Finanzierungen offenlegen, schaffen hier Abhilfe, indem sie Kunden, Mitbewerber und Aufsichtsbehörden über staatliche Aktivitäten aufklären. Zudem zeigen solche Transparenzvorschriften auf, inwiefern versteckte Wettbewerbsverzerrungen durch Quersubventionierungen bei hybriden Tätigkeiten eines Staatsunternehmens verhindert werden können.
Um diese Ziele zu erreichen, habe ich im Grossen Rat des Kantons Aargau einen überparteilichen Vorstoss initiiert, an dem sich neben mir als Freisinnigem auch Parlamentarier der Mitte, der GLP und der SVP beteiligen. Damit wollen wir den Regierungsrat beauftragen, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen oder anzupassen, sodass für jedes Unternehmen im kantonalen oder kommunalen Eigentum ein Zweckartikel eingeführt, Transparenzvorschriften erlassen und Compliance-Massnahmen ergriffen werden.
Nur so kann es gelingen, Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche oder staatsnahe Betriebe zu verhindern oder einzudämmen. Von einem fairen Wettbewerb profitieren wir alle, nicht zuletzt als Steuerzahler.