Zwischen Handwerk und Hightech

    AM SUISSE – Metallbau und Landwirtschaft befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel. Die Coronakrise war ein Steilpass für die digitale Transformation. Aber auch der Wettbewerb wird immer internationaler und der Fachkräftemangel erschwert die Rekrutierung guter Fachkräfte sowie des Nachwuchses.

    (Bilder: zVg) Bei den Hufschmieden besteht eine konstante Nachfrage, aber auf bescheidenem Niveau.

    Der neue Direktor Bernhard von Mühlenen sorgt seit rund einem Jahr für frischen Wind bei AM Suisse. «Ich bin beeindruckt und begeistert, wie viele Milizmitarbeitende sich trotz Alltagshektik die Zeit freischaufeln, um sich mit viel Herzblut und Engagement der Verbandsarbeit zu widmen und sich für unsere Berufe und die Zukunft unserer Branchen einzusetzen.» Der engagierte Metallbauer, Bauingenieur und Betriebswirtschaftler setzt auf eine faire Sozialpartnerschaft und hat mit dem Team der Arbeitgebervertreter der paritätischen Kommission anfangs Jahr die Vorarbeiten für den LGAV 2024 bis 2027 aufgenommen. «Wir wollen die gegebene Verbandsstrategie sorgfältig und konstant umsetzen und den direkten Kontakt mit den Regionalverbänden und den Unternehmerinnen und Unternehmer pflegen und ausbauen.»

    Ein zentrales Anliegen ist ihm die Aus- und Weiterbildung des Berufsnachwuchses aus Landtechnik, Hufschmiede und Metallbau: «Es ist wichtig, dass wir junge Menschen aus allen Gesellschafts- und Bildungsschichten für unsere sieben attraktiven Lehrberufe begeistern können.» Der Verband bietet im topmodernen nationalen Bildungszentrum Aarberg/BE praxisnahe Grund- und Weiterbildungen sowie fachspezifische Kurse an. Dabei wird dem künftigen Kader eine zeitgemässe und bedarfsgerechte Ausbildung geboten. AM Suisse bildet siebe Berufe aus – Landmaschinen-, Baumaschinen- und Motorgerätemechaniker sowie Metallbauer, Metallbaupraktiker und Metallbaukonstrukteur sowie Hufschmied. In der Branche des Metallbaus schliessen jährlich ca. 750 Lernende eine Berufslehre ab, in der Landtechnik sind es ca. 425 und 10 bis 15 Hufschmiede. Im Metallbau (inkl. Fachrichtung Stahlbau und Schmiede) gibt es sowohl beim Beruf des Metallbauers als auch beim Metallbaukonstrukteur immer noch zu wenig Lehrabgänger. Die Landtechnikbranche bildet traditionsgemäss überproportional viele Lernende aus. «Es besteht aber trotzdem eine grosse Nachfrage nach gut ausgebildeten Berufsleuten in allen Berufsgattungen.» Bei den Hufschmieden besteht eine konstante Nachfrage, aber auf bescheidenem Niveau.

    Aktiv für die Lehrberufe werben
    Mit den Nachwuchswerbekampagnen «go4mechanic», «metall+du» und «werdehufschmied.ch» wird aktiv für die Lehrberufe geworben – denn die Branche ist stark von Fachkräftemangel betroffen. Die Pandemie hat das Interesse an handwerklichen Berufen möglicherweise positiv beeinflusst: «Für Lehrbeginn 2021 durften wir in allen Branchen mehr Lehrverhältnisse abschliessen als in den Jahren zuvor. Wir hoffen, dass dieser Trend anhält.»

    Digitaler Quantensprung als Folge der Pandemie: Modernste Maschinen in der Landwirtschaft setzen voraus, dass man mit dem neusten Know-How in punkto Reparatur und Unterhalt mithalten kann.

    Die Berufe von AM Suisse bestehen heute bei weitem nicht mehr nur aus reinem Handwerk und der Trend in Richtung Automatisierung ist bereits heutzutage Realität. So sind zum Handwerk digitalisierte Prozesse hinzugekommen, welche Arbeitsschritte beschleunigen und vereinfachen. In der Landtechnik dürften zum Beispiel zunehmend Fahrzeuge mit GPS unterstützter Lenkung oder gar autonom lenkende Fahrzeuge eingesetzt werden. Beim Metallbau wird der Einfluss von BIM (building information modelling) stetig grösser. Ebenso werden parametrisierte oder generische Planungsmethoden (parametric design), AI (Artificial Intelligence), halbautomatische 3D-Vermessungssysteme und VR-Brillen bereits situativ eingesetzt. «Bereits jetzt müssen wir zwischen Handwerkskunst und Hightech gekonnt balancieren. Das Positive ist jedoch, dass trotz allem in Zukunft Handwerksgeschick und fundiertes, konstruktives Fachwissen gefragt sein wird.» Die Swiss Skills 2022 vom 7. bis 11. September in der Expo Bern ermöglichen einen näheren Einblick in die interessanten Berufe von AM Suisse.

    Rahmenbedingung verbessern
    Ein grosses Thema in der Branche ist die Digitalisierung, die bedingt durch die Pandemie massiv gepusht wurde. «Im Bauwesen besteht seit langer Zeit ein sehr hoher Preis- und Termindruck sowie Fachkräftemangel, weshalb die Automatisierung überlebenswichtig ist», so von Mühlenen. Und er ergänzt: «In der Landtechnik ist es kaum anders: Die Maschinenhersteller liefern modernste Maschinen, welche voraussetzen, dass man mit dem neusten Know-How in punkto Reparatur und Unterhalt mithalten kann. Diese Tatsache lässt vielen Betrieben keine Wahl als gut vorbereitet zu sein.»

    Die Digitalisierung muss einhergehen mit Automatisierung und hat zum Vorteil, dass sie repetitive Arbeitsprozesse eliminieren kann. So tun sich zunehmend neue Märkte auf, wie beispielsweise Drohnen, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, um Arbeitsprozesse zu automatisieren.

    Auch auf politischer Ebene ist der AM Suisse aktiv und nimmt mit aktivem Lobbying bewusst Einfluss – unter andrem auf die Rahmenbedingungen seiner Mitglieder. «Damit in der Landwirtschaft autonome Maschinen und Geräte auf den Feldern und auf und über öffentlichem Grund zum Einsatz kommen können, müssen für Landwirtschafs- und Kommunalgeräte sehr schnell die nötigen gesetzlichen Grundlagen geschafft werden.» Für die Metallbaubranche ist es wichtig, dass die Politik den Baufachleuten bei der Materialwahl und Konstruktion vertraut und nicht aktiv einen Baustoff bevorzugt und dies schlimmstenfalls sogar vorschreibt.

    «Die Politik könnte sich vermehrt auf die Förderung von Forschung, Einsatz und Unterstützung neuer Technologien konzentrieren und auch Start-ups bevorteilen, damit zukunftsgerichtete Technologien schneller im Markt etabliert sind und dadurch Skaleneffekte erreicht werden könnten», fordert von Mühlenen.

    Corinne Remund

    www.amsuisse.ch
    www.go4mechanic.ch
    www.metall-und-du.ch
    www.werdehufschmied.ch


    DAS MACHT AM SUISSE

    Dank gutem Netzwerk Wettbewerbsfähigkeit sichern

    Der Schweizerische Schmiede- und Wagnermeisterverband wurde 1891 gegründet. 1972 fusionierte dieser mit dem Schweizerischen Metallbauverband SMV zur Schweizerischen Metall-Union. Diese wurde 2017 in AM Suisse umbenannt, welcher die Arbeitgeber- und Bildungsinteressen der Branchen Metallbau, Landtechnik und Hufschmiede vertritt.

    Die Aktivmitglieder profitieren direkt von diversen Vergünstigungen auf Bildungsangebote, kommen in den Genuss von kostenloser Rechtsberatung und können sich an Verbandsanlässen über Branchenneuigkeiten austauschen.

    Indirekt aber langfristig wertvoller, profitieren die Mitglieder von gut ausgebildeten Fachleuten, guten Netzwerken, stabiler Sozialpartnerschaft, Erfahrungsaustausch und natürlich vom herausragenden Leistungsangebot des nationalen Bildungszentrums in Aarberg.

    Durch nationale sowie internationale Mitgliedschaften vertritt der AM Suisse vielerorts die Interessen seiner Mitglieder.

    Derzeit zählt der AM Suisse rund 1‘850 Aktivmitglieder mit gut 28‘500 Mitarbeitern, wovon 4‘650 Lernende sind. 75 Prozent der Mitarbeiter der Mitgliedfirmen arbeiten in der Branche Metallbau. Ein Drittel der Mitgliedfirmen sind Landtechnikbetriebe und 4,5 Prozent sind Hufschmiede. Inklusive den ca. 4‘600 Lernenden sind insgesamt rund 29‘000 Beschäftigte in den Branchen tätig. 22‘000 davon aus dem Metallbau, 7‘000 aus der Landtechnik und 250 sind Hufschmiede. Die Branchen erwirtschaften einen Umsatz von über sechs Milliarden Franken. Vier Milliarden sind dem Metallbau zuzuschreiben, 1,9 Milliarden der Landtechnik und 21 Millionen Franken den Hufschmieden.

    CR

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